Die Motoren des Stillstands

Über Paddelboote, Fortschritt und Raserei

Warum eigentlich lassen sich Menschen transportieren? Warum bewegen sie sich von Ort zu Ort? Was die Südseeinsulaner betraf, war die Sache klar, sie fuhren aufs Meer, um zu fischen, und sie reisten von Insel zu Insel, um soziale Kontakte zu pflegen und Waren zu tauschen, was in ihrem Fall so ziemlich dasselbe war. Dass das alles so schnell wie möglich zu erledigen sei, war für sie ein abwegiger Gedanke. Man kann ihre ohne Metall gefertigten hochseetüchtigen Boote heute im ethnologischen Museen bestaunen. Zu den Booten gehörten Lieder, die zum Schlag der Ruder passten, zu bestimmten Wetterlagen, zum jeweiligen Seegang und Grund der Fahrt.
Mein Großvater hatte keinen Sinn für Gesang als Antriebsart; er stellte vor allem fest, dass diese Bootsreisen sehr lange dauerten. Zu lang für seine Zwecke. Er hatte schließlich sein Gebiet zu bearbeiten, und bei ungünstiger Witterung dauerte die Reise von der Missionsstation zur entferntesten Insel über eine Woche. Es kostete zu viel Zeit. Es kostete zu viel Kraft. Es kostete zu viel.

Le Monde Diplomatique, 10.09.2020

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